„Bitte erheben Sie sich…“

…diesen Satz kennen die meisten aus Filmen, in denen eine Gerichtsverhandlung stattfindet oder auch aufgrund persönlicher Erfahrungen. In Strafprozessen ist es üblich, dass sich die Anwesenden bei Eintritt des Gerichts erheben. Doch nicht jeder ist bereit dies ohne Widerstand hinzunehmen. So auch in diesem Fall, welcher jüngst durch das OLG Karlsruhe entschieden worden ist (Beschluss v. 5.1.2015, 2 Ws 448/14).

Bei einer Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Breisach am Rhein verhängte das Gericht gegen einen Angeklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 Euro, ersatzweise zwei Tage Ordnungshaft. Grund hierfür war, dass der Angeklagte sich nach einer kurzen Verhandlungspause beim erneuten Eintreten der Richterin weigerte sich zu von seinem Platz zu erheben. 

Schon als die Richterin den Saal betrat war er trotz entsprechender Aufforderung „unter Berufung auf die deutsche Verfassung“ sitzen geblieben.

Die Richterin ermahnte ihn und drohte ihm ferner die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 200,00 €, ersatzweise zwei Tage Ordnungshaft, an. Hiergegen legte der Angeklagte das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ein – und bekam Recht.

 

Nach überwiegender Auffassung, welcher sich das Gericht anschloss, kann das Sitzenbleiben eines Angeklagten grundsätzlich eine Ungebühr im Sinne des § 178 GVG Abs. 1 darstellen. Jedoch gilt dies nicht uneingeschränkt. Nach Nr. 124 Abs. 2 S. 2 RiStBV (Richtlinien für Strafverfahren und Bußfeldverfahren), haben sich sämtliche Anwesenden lediglich in den nachfolgenden Fällen von ihren Plätzen zu erheben:

  1. beim Eintritt des Gerichts zu Beginn der Sitzung,

  2. bei der Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen

  3. bei der Verkündung der Urteilsformel

Auch wenn Gerichte an diese Vorgaben nicht gebunden sind, sind diese von der Rechtsprechung übernommen worden.

Demgegenüber stellt das bloße Sitzenbleiben beim Eintreten des Gerichts nach vorangegangener Sitzungspause nur dann eine Ungebühr im Sinne des § 178 Abs. 1 GVG dar, wenn weitere objektive Umstände hinzutreten. Dies war nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht gegeben.  In der Begründung der Richter aus Karlsruhe heißt es: „Ungebührlich wird ein solches Verhalten auch nicht dadurch, dass die Vorsitzende den Angeklagten aufgefordert hatte, sich von seinem Platz zu erheben. Denn hierzu war er nicht verpflichtet, mag es auch verbreitet üblich sein.Anders als zu Beginn der Sitzung stelle deren Fortsetzung nach einer Pause nämlich „keinen besonderen Verfahrensabschnitt dar, der einer Verdeutlichung durch die äußere Form des Aufstehens der im Sitzungssaal Anwesenden bedarf.“