Belehrungspflicht des Gerichts vor einem Deal

 

Der Deal im Strafprozess ist auch seit der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage immer noch eine häufige Fehlerquelle im Strafprozess. Wieder einmal kam nun Kritik seitens des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich des sorglosen Umgangs des Gerichts mit diesem Rechtsinstitut. So sind Angeklagte stets vor einer solchen Absprache über deren Verbindlichkeit zu belehren. Eine Belehrung erst vor einem auf Abschluss eines Deals gerichteten abgegebenen Geständnis reiche regelmäßig nicht aus. Gleichzeitig wies das Verfassungsgericht den Bundesgerichtshof (BGH) auf einen schweren Fehler bei seiner Revisionsentscheidung zu diesem Fall hin.

 

Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lag die Verfassungsbeschwerde eines Mannes zugrunde, welcher wegen Betäubungsmitteldelikten durch das LG Berlin zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde.  Diesem Urteil ging eine vom Anwalt des Angeklagten angeregte Absprache mit Gericht und Staatsanwaltschaft voraus.

 

Der Deal sollte wie folgt aussehen: Der Angeklagte gesteht die Tat und verzichtet auf die Stellung neuer Beweisanträge. Ebenso erklärt er die Rücknahme bereits gestellter Beweisanträge. Im Gegenzug bot das Landgericht Berlin eine Freiheitsstrafe zwischen sechs und sechseinhalb Jahren Haft an – allerdings ohne den Angeklagten vor dem Deal über Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung davon zu belehren. Eine solche Belehrung durch das Gericht erfolgte erst vor dem nachfolgenden Geständnis. Das legte der Angeklagte eine Woche nach der Absprache ab. Das Urteil beruhte wesentlich auf dem Geständnis des Angeklagten.

 

Bevor die Entscheidung jedoch Rechtskraft erlangte, legte der Mann Revision ein.

 

Das Urteil sei mangels Belehrung vor dem Deal über Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung von der getroffenen Absprache rechtswidrig. So gelangte der Fall zum Bundesgerichtshof. Dieser bejahte zwar einen Verstoß gegen die Belehrungspflicht, jedoch sei das Urteil nicht rechtswidrig, da das Urteil nicht auf diesem Belehrungsfehler beruhe (BGH, Urteil v. 07.08.2013, Az.: 5 StR 253/13).

 

Der BGH vertritt insoweit die Auffassung, der Angeklagte hätte das Geständnis auch ohne Deal abgegeben. Schließlich sei er zumindest vor diesem belehrt worden. Außerdem habe er vor dem Geständnis eine Woche Bedenkzeit gehabt. Und nicht zuletzt sei der Angeklagte auch durch einen Rechtsanwalt verteidigt gewesen, welcher ihn sicherlich entsprechend beraten und aufgeklärt habe. Infolge dieser allerdings vor allem auf Mutmaßungen als auf Feststellungen basierenden Entscheidung folgte die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht.

 

Diese Entscheidung ist Anlass für die Verfassungsrichter, nochmals auf die Einhaltung der Regeln bei solchen Absprachen zu bestehen. Hierzu führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass die Belehrung immer noch primär Aufgabe des Gerichts und nicht des Verteidigers sei. Für den Angeklagten stelle es einen erheblichen Unterschied dar, wer ihn belehre, denn schließlich obliegt die Leitung des Verfahrens dem Gericht welches zudem auch über das Strafmaß entscheidet. Zur Wahrung eines fairen und rechtsstaatlichen Verfahrens sei daher der deutliche Hinweis auf die Aussagefreiheit von Beschuldigten und der verbotene Zwang zu einer Selbstbelastung unabdingbar. Keinesfalls dürfe beim Angeklagten der Eindruck erweckt werden, er hab sich nach seiner Zustimmung zwingend an eine Absprache im Sinne des Deals zu halten. Im Rahmen einer Absprache sei der Angeklagte daher stets ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass diese weder ihn noch das Gericht absolut binde. Aus diesem Grund sei bereits vor der Zustimmung zu einer Absprache über die eine Bindung entfallen lassenden Umstände zu belehren.

 

Die Bindung an eine Absprache entfällt etwa dann, wenn das Gericht rechtliche oder tatsächlich bedeutende Umstände übersehen hat oder sich solche nach der Absprache neu ergeben haben.

 

(BVerfG, Beschluss v. 25.08.2014, Az.: 2 BvR 2048/13)

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