Droht im höheren Alter der Führerscheinentzug?

 

Viele Gerichtsentscheidungen haben sich bereits mit der Frage auseinandergesetzt, welche Auswirkungen eigentlich ein hohes/höheres Alter auf die Fahrerlaubnis bzw. die Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis hat. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Beschluss vom 13.3.2013 – 6 L 299/13) entschied u.a. über die Frage, ob eine Fahrprobe ein geeignetes Mittel sein kann, um über die praktischen Fahrfertigkeiten des Fahrerlaubnisinhabers Aufschluss zu geben. Im Rahmen dieser Entscheidung hat das Verwaltungsgericht die Rechtsprechung zu “Alter und Fahrerlaubnis” zusammengefasst und bejaht die Geeignetheit der Fahrprobe zur Überprüfung der Geeignetheit des Fahrerlaubnisinhabers. Es führt aus:

 

“Das hohe Alter eines Fahrerlaubnisinhabers ist für sich genommen noch kein Grund, die Fahreignung anzuzweifeln. Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Mai 2012 – 1 S 25.12 -, [...] Rdnr. 11 (= ZfSch 2012, 657).

 

Allerdings beginnen nach gerontologischen und verkehrspsychologischen Erkenntnissen bei vielen Menschen ab dem 40. Lebensjahr, häufig ab dem 50. Lebensjahr, die ersten Abbauprozesse. Hierzu ist bei Schubert u. a., Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, 2. Auflage (Juni 2005), S. 222 – zwar im Zusammenhang mit der Personenbeförderung, aber ohne hierauf beschränkt zu sein – ausgeführt:

 

  • “Das Sehvermögen lässt nach, insbesondere die Sehschärfe und die Fähigkeit zur Hell-/Dunkeladaption. Auch die Schnelligkeit und Genauigkeit der Auffassung vor allem in komplexen Verkehrssituationen verschlechtert sich.

  • Das Leistungstempo wird geringer. Auch die Leistungsgüte und -genauigkeit sind insbesondere unter Zeitdruck zunehmend beeinträchtigt.

  • Bei hohen und komplexen Leistungsanforderungen steigt die Gefahr der Überforderung.

  • Beeinträchtigungen finden sich insbesondere beim Umgang mit neuen Situationen.

  • wenige alte Menschen neigen zur Selbstüberschätzung; (…)”

    Trifft hohes Lebensalter (deutlich jenseits der 50 Jahre) mit einer Verkehrsauffälligkeit zusammen, die möglicherweise von diesen Abbauprozessen beeinflusst ist, kann dies in der Gesamtschau auf ein altersbedingtes Nachlassen der geistigen und körperlichen Kräfte hinweisen, das Anlass zu Zweifeln am Fortbestand der Fahreignung gibt. Das gilt insbesondere, wenn die Verkehrsauffälligkeiten von – typischerweise straßenverkehrserfahrenen – Polizeibeamten festgestellt und der Fahrerlaubnisbehörde nach § 2 Abs. 12 Satz 1 StVG übermittelt worden sind.

    Selbst wenn sich solche Schwächen bislang nicht in Unfällen oder anderen Verkehrsauffälligkeiten manifestiert haben, kommt dem regelmäßig nicht die Bedeutung zu, dass die Fahrfähigkeit nicht überprüft werden dürfte. Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. September 1987 – 7 C 79.86 -, [...] Rdnr. 10 (= NJW 1988, 925) m.w.N.

    Allerdings bietet nicht schon jeder altersbedingte Abbau der geistigen und körperlichen Kräfte Anlass für eine Entziehung oder Beschränkung der Fahrerlaubnis; hinzutreten muss vielmehr, dass es im Einzelfall zu nicht mehr ausreichend kompensierbaren, für die Kraftfahreignung relevanten Ausfallerscheinungen oder Leistungsdefiziten gekommen ist. Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Mai 2012 – 1 S 25.12 -, [...] Rdnr. 11 (= ZfSch 2012, 657).

    Bestehen solche Zweifel, sind auf der Grundlage von §§ 46 Abs. 3, 11 Abs. 2 FeV regelmäßig ärztliche Gutachten einzuholen, um diese auszuräumen oder die mangelnde Fahreignung festzustellen. Geben diese keinen hinreichenden Aufschluss darüber, ob die Fahreignung trotz altersbedingter Einschränkungen fortbesteht, kann die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) nach § 11 Abs. 3 FeV anordnen oder gemäß § 11 Abs. 4 FeV eine Fahrprobe zu verlangen.

    Bei Zweifeln am Fortbestand der Fahreignung in höherem Lebensalter kann eine Fahrprobe grundsätzlich ein geeignetes Mittel sein, um über einen wichtigen Teilbereich der Fahreignung, nämlich die praktischen Fahrfertigkeiten, Aufschluss zu geben. Denn es ist allgemein anerkannt, dass ältere Fahrerlaubnisinhaber mit langer Fahrpraxis psycho-physische Leistungsminderungen bis zu einem gewissen Grad durch Erfahrung und gewohnheitsmäßig geprägte Bedienungshandlungen ausgleichen können. Zur Feststellung einer solchen möglichen Kompensation wird sich, etwa zusätzlich zu funktionspsychologischen Leistungstests, häufig auch eine praktische Fahrprobe anbieten. Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. September 1987 – 7 C 79.86 -, [...] Rdnr. 12 (= NJW 1988, 925).

    Insbesondere ist die Anordnung einer zusätzlichen Fahrprobe weniger einschneidend für den langjährigen Fahrerlaubnisinhaber als die zusätzliche Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens mit einer in diesem Verfahren gegebenenfalls erforderlich werdenden Fahrverhaltensprobe durch den psychologischen Gutachter. Vgl. VGH Bayern, Beschluss vom 23. November 2011 – 11 CS 11.2067 -, [...] Rdnr. 14 m.w.N., und Nr. 2.5 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung.“

    Im zu entscheidenden Fall hatte die Verwaltungsbehörde die Fahrererlaubnis entzogen. Das Verwaltungsgericht hat diese Entscheidung nicht beanstandet, da der Fahrererlaubnisinhaber (Alter unbekannt) eine Fahrprobe abgelegt hat, bei der es verschiedene Beanstandungen gab. u.a. das Beinahe-Überfahren einer roten Ampel, wodurch das Einschreiten des begleitenden Fahrerlehrers erforderlich wurde.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Katie Zipp (Donnerstag, 02 Februar 2017 01:02)


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