Wer eine Ampel umfährt begeht keinen Rotlichtverstoß

Der Betroffene hat die Ampel an einer Kreuzung, als diese für ihn rot zeigte umfahren. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene den C -Weg und wollte links in die P-Straße abbiegen. Da an der Kreuzung die Ampel für ihn rot zeigte, bog der Betroffene vor der Kreuzung nach links auf das Gelände einer im Eckbereich der beiden Straßen liegenden Tankstelle ab. Er durchquerte das Gelände der Tankstelle und verließ dieses an der Ausfahrt zur P-Straße. Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen eines vorsätzlichen Rotlichtverstoßes verurteilt. Auf die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde hat das OLG Hamm (Beschl. v. 02.07.2013 – 1 RBs 98/13) den Betroffenen freigesprochen.

 

Sein Verhalten sei kein Rotlichtverstoß im Sinne des § 37 StVO. Das OLG führt hierzu aus:

“Das Rotlicht verbietet dagegen nicht, vor der Ampelanlage abzubiegen und einen nicht durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich zu befahren, etwa auf einen Parkplatz oder – wie hier – ein Tankstellengelände einzufahren. Ebenso wenig untersagt es, von einem nicht durch die Signalanlage geschützten Bereich auf den hinter dieser, durch sie also geschützten Verkehrsraum zu fahren; denn das Rotlicht wendet sich selbstverständlich nur an denjenigen Verkehrsteilnehmer, der es – in seiner Fahrtrichtung gesehen – vor sich findet (BayObLG NZV 1994, 80; BayObLG, Beschl. v. 07.07.1981- 2 Ob OWi 185/81 zit. nach Janiszewski NStZ 1982, 107, 109; OLG Hamm VRS 55, 292, 293; OLG Köln DAR185, 229, 230; OLG Oldenburg NJW 1985, 1567; Janker in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 22. Aufl., StVO § 37 Rdn. 3; vgl. auch Lehmpuhl DAR 2002, 433). Mit einer solchen Vorgehensweise nutzt der Verkehrsteilnehmer lediglich eine Lücke, die es ihm ermöglicht, sich außerhalb der Reichweite des Haltegebots fortzubewegen. Das auch ansonsten zulässige und nicht bußgeldbewehrte Verhalten des Auffahrens und Verlassens eines Privatgrundstücks wird nicht dadurch zur Ordnungswidrigkeit, dass es durch die Vermeidung des Anhaltens vor einer Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage motiviert ist. Die oben geschilderte Gefährdungslage ist bei einer solchen Verhaltensweise nicht gegeben. Vielmehr ist lediglich die Gefährdungslage des (grundsätzlich aber erlaubten) Ein- und Ausfahrens auf ein bzw. von einem Privatgrundstück gegeben, die aber durch die Wechsellichtzeichenanlage nicht vermindert werden soll (OLG Hamm VRS 55, 292, 293). Diese Gefährdungslagen werden durch andere Verkehrsvorschriften hinreichend geregelt (vgl. BGH, Beschl. v. 27.06.1985 – 4 StR 766/84; OLG Düsseldorf ZfSch 1984, 62, 63).”

 

Dies ist jedoch nicht gleichzusetzen mit dem Umfahren einer Lichtzeichenanlage über den Gehweg, Randstreifen, Parkstreifen, Radweg oder eine Busspur, um hinter der Ampelanlage in dem durch sie geschützten Bereich wieder auf die Fahrbahn aufzufahren. Um einen Rotlichtverstoß handelt es sich auch, wenn jemand auf einer Fahrbahn mit mehreren durch Leitlinien bzw. Fahrstreifenbegrenzungen und Richtungspfeile markierten Fahrstreifen mit jeweils eigener Lichtzeichenregelung auf der durch Grünlicht freigegebenen Geradeausspur in eine Kreuzung einfährt und nach Überfahren der Haltlinie auf den durch Rotlicht gesperrten Fahrstreifen für Linksabbieger wechselt.

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